niedziela, 6 sierpnia 2017

Wspomnienia: Wilfried Menhin (1942 – 2013)

Am 19. Juni 2013 verstarb nach schwerer Krankheit der langjährige Direktor des Berliner Museums für Vor- und Frühgeschichte und Landesarchäologe von Berlin, Wilfried Menghin.

Am 8.4.1942 in München geboren, studierte er nach seinem Abitur 1963 in München, Gießen und Regensburg Vor- und Frühgeschichte, Provinzialrömische Archäologie, Ethnologie und Mittlere Geschichte. Sein Studium schloss er 1971 mit der Promotion zum „Schwert im frühen Mittelalter“ an der Ludwig-Maximilian-Universität in München ab. Von 1971 bis 1972 war er Assistent an der Universität Regensburg, von 1972 bis 1990 am Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, zuletzt als Hauptkonservator und Direktor. 1986 erfolgte seine Habilitation an der Universität Regensburg.

Im September 1989 bewarb sich Wilfried Menghin auf die Stelle des Direktors am Museum für Vor- und Frühgeschichte,  dessen gut geordnete reiche Bestände, die personelle Ausstattung und die finanziellen Mittel den besten Rahmen boten, um Forschungen und Ausstellungen in großem Stil zu betreiben. Doch bereits bei seiner Einstellung, am 1. April 1990, hatten die inzwischen eingetretenen politischen Ereignisse eine völlig neue Situation geschaffen, in der die Vereinigung der beiden getrennten Museen in Ost und West nun im Vordergrund stand. Die reibungslose Zusammenführung der beiden Sammlungen ist einer der großen Verdienste Wilfried Menghins,  der ein starres, nach Hierarchien geordnetes Organisationssystem ablehnte. Bei der Durchführung von Aufgaben gab er den Mitarbeitern weitgehend freie Hand und griff nur ein, wenn Probleme auftauchten oder er glaubte korrigieren zu müssen.

Wilfried Menghins Museumspolitik während seiner Amtszeit war durch den Gedanken geprägt, dem Museum seine ehemalige internationale Bedeutung zurückzugeben. Hierzu dienten, neben zahlreichen Sonderausstellungen, deren Durchführung immer bei den zuständigen Wissenschaftlern lag, vier große Sonderschauen. Der Ausstellung „Wikinger, Waräger und Normannen” folgte 1997 die große Ausstellung „Die Franken – Wegbereiter Europas”, 2002 „Menschen, Zeiten, Räume. Archäologie in Deutschland” und 2007 „Im Zeichen des Goldenen Greifen – Königsgräber der Skythen”.

Bei der letzten großen Ausstellung „Im Zeichen des goldenen Greifen. Königsgräber der Skythen“ im Jahre 2007 zog er sich, nachdem er die Beteiligung des Museums an dem Ausstellungsvorhaben gesichert hatte, aus Organisation und Ausführung weitgehend zurück. Grund hierfür war auch die im selben Jahr in Moskau und Sankt Petersburg gezeigte Ausstellung „Merowingerzeit. Europa ohne Grenzen“, deren Zustandekommen er mit großem Elan betrieb. Die in dieser Ausstellung präsentierte „Beutekunst“ ließ ihn, seit er 1995 im Puschkin Museum den sogenannten Schatz des Priamos besichtigen durfte, nicht mehr los. Ungeachtet aller politischen Schwierigkeiten bei der brisanten Thematik der Beutekunst war Menghin immer bemüht die wissenschaftlichen Kontakte zu den betreffenden russischen Museen aufrecht zu erhalten, um so den Verbleib der 1945 nach Russland verbrachten Bestände des Museums zu klären. Durch seine beharrliche aber auch offene und umgängliche Art erwarb er das Vertrauen der russischen Kollegen, zu denen dann auch freundschaftliche Kontakte entstanden. Es gehört sicherlich zu der Tragik seiner Krankheit, dass er den letzten großen Erfolg seiner Bemühungen, die Eröffnung der großen Bronzezeitausstellung „Bronzezeit – Europa ohne Grenzen“ in Sankt Petersburg, nicht mehr erleben durfte.

Doch nicht nur in Russland schätzte man den Direktor des Berliner Museums. Hatte er nach Antritt in Berlin noch geglaubt, seine in Nürnberg begonnenen Forschungen in Italien fortsetzen zu können, so musste er bald erkennen, dass er sich hier in einem Museum befand, dessen Ausrichtung aufgrund seiner Bestände traditionell in den Gebieten östlich der Oder lag. Als Direktor des „Westpolnischen Heimatmuseums“ entstanden kurz nach Amtsantritt vor allem Kontakte nach Polen. Den polnischen Kollegen bot er dabei jegliche Möglichkeit, die Bestände des Hauses zu bearbeiten und auch bei der an das MVF übergebenen Studiensammlung des Prussia-Museums Königsberg sorgte er dafür – auch wenn er, wie er später zugab, deren Wert nicht wirklich erkannt hatte –, dass diese erschlossen und der Wissenschaft zur Verfügung gestellt wurde. Gerade seine Offenheit im Umgang mit den polnischen Kollegen verschaffte ihm auch hier ein hohes Ansehen und führte ebenfalls zu engen Freundschaften. Die herzlichen Verbindungen nach Polen gipfelten in der am 21.6.2001 in Berlin gegründeten „Kommission zur Erforschung von Sammlungen Archäologischer Funde und Unterlagen aus dem nordöstlichen Mitteleuropa (KAFU)“, in der deutsche, polnische, litauische und russische Wissenschaftler sich bemühen, die archäologische Quellenbasis der im Namen der Kommission aufgeführten Region wiederherzustellen. Die Initiative hierzu war bereits 1997 von deutschen und polnischen Fachleuten aus Museen und Universitäten ergriffen worden.

Die ehemalige Bedeutung des Berliner Museums suchte Wilfried Menghin auch mit Publikationsreihen, in denen die vorhandenen Bestände vorgestellt wurden, und durch gezielte Ankäufe wiederherzustellen. Die von ihm getätigten Erwerbungen, wie den „Berliner Goldhut“, sah er auch immer als Rettung derart hochrangiger Objekte für die Wissenschaft.

Als Landesarchäologe von Berlin war es ihm ein Anliegen, die enge Verbindung zwischen der Landesarchäologie im Berliner Landesdenkmalamt und dem Museum für Vor- und Frühgeschichte zu wahren. Auch wenn ihn die aus dem Boden Berlins geborgenen Objekte nicht immer begeisterten, sah er sein Museum dennoch auch als Ort für die Präsentation der Berliner Archäologie.

Mit dem Tod Wilfried Menghins verliert die deutsche Vor- und Frühgeschichte einen Vertreter ihres Faches, bei dem, neben all seinen Verdiensten in Museum und Wissenschaft, das Menschliche immer im Vordergrund stand.

Heino Neumayer